2. Bochumer Quartierskongress „ZukunftsQuartiere – Zwischen Revitalisierung und Neubau“

Wie lässt sich die dringend notwendige Stärkung des Wohnungsbaus in den Kontext der Quartiersentwicklung stellen? Wie lassen sich lebenswerte neue Quartiere schaffen? Wie lässt sich die Revitalisierung von Bestandsquartieren erfolgreich realisieren? Welche Netzwerke – digital und analog – können die Quartiersentwicklung unterstützen?

Mit diesen zentralen Fragen beschäftigten sich die über 300 Teilnehmer des 2. Bochumer Quartierskongresses „ZukunftsQuartiere – Zwischen Revitalisierung und Neubau“ am 14. Februar 2019 in den Räumlichkeiten des EBZ. Der Kongress wurde organisiert durch die InWIS Forschung & Beratung GmbH, EBZ Business School, Ruhr-Universität Bochum, RWTH Aachen und TU Dortmund. Unterstützt wurde die Veranstaltung durch die NRW.BANK, Emscher Genossenschaft, Montag Stiftung Urbane Räume, Business Metropole Ruhr, die Vereine Wohnen in Genossenschaften e. V. und WIR – Wohnen im Revier e. V. sowie den VdW Rheinland-Westfalen.

Anknüpfungspunkte an den 1. Bochumer Quartierskongress

Wie bereits bei dem erfolgreichen 1. Bochumer Quartierskongress „Das Quartier als Zauberformel für die Lösung gesellschaftlicher Probleme? Status Quo und Perspektive“ im Winter 2017 bestand das Ziel auch bei der diesjährigen Veranstaltung darin, die Handlungsebene Quartier aus einer integrierten, ressortübergreifenden Perspektive zu erfassen sowie inter- und transdisziplinäre Diskussionsprozesse anzustoßen. Dies spiegelte sich auch im Referenten- und Teilnehmerkreis wieder, der sich aus Akteuren verschiedenster Disziplinen aus Wissenschaft, Praxis, Verwaltung und Politik zusammensetzte.

Nach der Eröffnung des Kongresses durch den Bochumer Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und das Veranstalterteam widmete sich Key Note-Sprecher Dr. Jan Heinisch, Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, dem Thema Lebensqualität und Wohnen. Er betonte die Bedeutung bunter, durchmischter Städte und stellte neue Ansätze der Wohnraumförderung des Landes vor.

Erfolgreiche Quartiersentwicklungen – Best Pratice

Im folgenden Kongressprogramm wurden die vielfältigen Facetten der Wohn- und Lebensqualität im Quartier weiter beleuchtet. Der hohe Wohnraumbedarf lässt sich vielerorts nicht mehr nur durch Bestandsentwicklung und Neubau im Bestand decken, sondern bedarf auch des Neubaus ganzer Quartiere und Stadtteile. Vorträge zur Seestadt Aspern in Wien, zum Stadtteil Hafner in Konstanz, zu Essen 51 oder Freiburg-Dietenbach verdeutlichten exemplarisch die Bedeutung funktionaler und sozialer Mischung sowie der Gestaltung des öffentlichen Raums in der Planung und Realisierung neuer Quartiere. Im Kontext der Revitalisierung von Bestandsquartieren wurden u. a. Beispiele für eine gemeinwohlorientierte Quartiersentwicklung aus Wuppertal und Bochum präsentiert, Ansätze des behutsamen, quartiersorientierten Stadtumbaus aus Bonn vorgestellt sowie Vor- und Nachteile verschiedener Varianten des ergänzenden Neubaus in Bestandsquartieren erörtert.

 In den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern treten

Intensiv diskutiert wurden die komplexen Herausforderungen, mit denen sich Kommunen und Wohnungswirtschaft bei der Revitalisierung bestehender und beim Bau neuer Quartiere konfrontiert sehen. Im Fokus standen die Fragen, wie sich Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern schaffen, Dialoge in dem und über das Quartier anstoßen und verstetigen sowie das Engagement der Bewohnerschaft aktivieren lassen. Insbesondere im Hinblick auf die beiden letztgenannten Fragen setzten sich die Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer auch mit den Potenzialen digitaler Technologien auseinander. Die Vorträge beschäftigten sich u. a. mit den Möglichkeiten, älteren Menschen einen längeren Verbleib in ihrem Wohnumfeld zu ermöglichen, die digitale Teilhabe internetferner Bevölkerungsgruppen zu fördern sowie spätere Nutzerinnen und Nutzer in die Entwicklung digitaler Angebote einzubinden. Auch mögliche Geschäftsmodelle und Organisationsstrukturen für digitale Angebote und Aktivitäten wurden thematisiert.

In der abschließenden Podiumsdiskussion debattierten Michael Groschek (Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung), Hilmar von Lojewski (Deutscher Städtetag), Alexander Rychter (VdW Rheinland-Westfalen) und Rasmus C. Beck (Business Metropole Ruhr) gemeinsam mit Moderator Michael von der Mühlen. Sie beschäftigten sich damit, was fortschrittliches Planen und Bauen bedeutet, was – angesichts des Jubiläums 100 Jahre Bauhaus – aus der Bauhaus-Rezeption für die Quartiersentwicklung gelernt werden kann und wie mit der Problematik umgegangen werden kann, dass es in der Bevölkerung zunehmende Widerstände gegen den Wohnungsbau gibt.

Neue Impulse für die Praxis

Insgesamt hat der Quartierskongress mit den zahlreichen präsentierten Beispielen für eine gelungene Quartiersentwicklung wertvolle Impulse für die Praxis gegeben, aber auch die Bedeutung der Quartiersforschung deutlich gemacht. Letztere kann Praxis und Verwaltung unterstützen mit methodisch fundierten Analysen, sie kann mit Lösungsansätzen experimentieren, Umsetzungsprozesse begleiten, Wirkungen systematisch evaluieren, moderierend fungieren und faktenbasierte Entscheidung unterstützen. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Quartiersforschung, auch Themen mit perspektivischer Relevanz aufzugreifen, welche aktuell noch nicht oder nicht mehr im Fokus von Politik und Praxis stehen. Exemplarisch hierfür stehen Schrumpfungsprozesse, die angesichts der aktuellen Wachstumsdebatte in den Hintergrund geraten, aber dennoch nach wie vor in einigen Regionen Deutschlands Realität sind und sich in absehbarer Zukunft auch wieder räumlich ausdehnen und verstärken dürften.

 

Weitere Informationen zum Quartierskongress sind zu finden unter https://www.inwis.de/quartierskongress-2019/

Einblicke in die Quartiersforschung an InWIS und EBZ Business School gibt der 2018 publizierte Sammelband „Quartiersforschung im Fokus der Wohnungswirtschaft“. Informationen hierzu sind zu finden unter https://www.inwis.de/forschung/quartiersforschung/.

 

Verfasserin: Dr. Heike Schröder, InWIS GmbH