EBZ bildet Wohnungswirtschaft in Zentralasien aus
Wo Dozenten des EBZ überall tätig sind, ist schon erstaunlich. Man kann weit, weit in den Süd-Osten der Erde schauen – und findet sie! Die neueste Projektarbeit für „PROMHOUSE“ hält Kontakte und Aufgaben im fernen Zentralasien bereit, genauer: in Kasachstan und Usbekistan.
Bereits seit 2016 engagiert sich das EBZ – Europäisches Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft – in zwei Projekten. Beide Projekte wurden von der Initiative Wohnungswirtschaft Osteuropa (IWO) initiiert und wurden bzw. werden von der EU gefördert: „PRO HOUSE – Professional Housing Management“ lief von 2016 bis 2019 und ging über in „PROMHOUSE – Förderung der professionellen Wohnungsverwaltung“, das 2020 anlief und 2023 enden wird. Hierbei geht es speziell um die Entwicklung des Privatsektors und die wirtschaftliche Diversifizierung in Zentralasien. Dabei sollen KMU im Bereich der Wohnungswirtschaft gestärkt und mit Know-how versorgt werden.
Im Projekt arbeiten die Partner in Kasachstan und Usbekistan, d.h. die dortigen Verbände der Wohnungsverwalter, mit EBZ und IWO zusammen. „Wir vom EBZ unterstützen das Projekt von der fachlichen Seite“, erläutert der EBZ-Vorstandsvorsitzende Klaus Leuchtmann. „In Zusammenarbeit mit der IWO helfen wir den zentralasiatischen Partnern bei der Ausarbeitung des Curriculums für Immobilienverwalter, in dem moderne Themen wie Energieeffizienz in Gebäuden, Energetische Gebäudesanierung, Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft usw. berücksichtigt werden, und setzen uns für die Ausbildungsmaßnahmen ein.“ Der Fokus der Trainingsaktivitäten liegt derzeit auf der Etablierung eines „Training for Trainers (ToT)“-Kurses. Er richtet sich in erste Linie an Berufsschullehrer, um eine offizielle Ausbildung von Wohnungsverwaltern an Berufsschulen zu initiieren. Klaus Leuchtmann: „Diese internationale Tätigkeit bringt auch uns großen Nutzen. So müssen wir die uns in der Lehre und Weiterbildung vertrauten Inhalte, Ansätze und Instrumente vor den Gegebenheiten Zentralasiens betrachten und auch vermitteln. Diese Gegebenheiten wiederum weichen soziokulturell, wirtschaftlich, politisch, rechtlich und damit auch wohnungswirtschaftlich von den hiesigen ab. Das erweitert unsere Perspektiven und schärft gleichzeitig den Blick auf unsere Arbeit in der deutschen Bildungslandschaft.“
Vorsitz der Eigentümergemeinschaft, Verwalter, Hausmeister in Personalunion
Die Projektarbeit hält überraschende Erkenntnisse und hochspannende Herausforderungen bereit. Ein Beispiel: Man stelle sich vor, in Deutschland stünde eine Eigentümergemeinschaft vor der Frage einer Modernisierung, etwa der Dämmung der Fassade. Da ist alles geregelt: So braucht es zunächst die Dreiviertel-Mehrheit der stimmberechtigten Eigentümer, dann müssen die Befürworter mindestens die Hälfte aller Eigentumsanteile auf sich vereinen. So geht es weiter im Programm eines festen, die aktuellen Gesetze berücksichtigenden Regelwerks, bis das Bauvorhaben durchgeführt wird.
In Zentralasien läuft das völlig anders ab, wie EBZ-Akademie-Dozent Christian Thomas verblüfft feststellte: „Wird dort die Sanierung einer Fassade notwendig, erfolgt in der Regel kein allgemeingültiger Beschluss einer Eigentümergemeinschaft. Vielmehr ‚sammeln‘ einzelne Eigentümer Geld in der Gemeinschaft. Dies führt dann oftmals dazu, dass eine solche Sanierung ‚fleckenweise’ erfolgt. Es wird dann keine einheitliche Dämmung aufgebracht, sondern viele Eigentümer sanieren und dämmen um ihre Fenster herum.“ Überhaupt ist der Vorsitzende einer Gemeinschaft von Eigentümern gleichzeitig und in Personalunion auch Verwalter und Hausmeister – dies sind in Deutschland allein von der Aus- und Vorbildung her zwei unterschiedliche Paar Schuhe.
Die Gründe für diese Besonderheiten und außergewöhnlichen Herangehensweisen zur Problemlösung, hat historische Gründe. Als die Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre zerfiel, standen die Unionsrepubliken vor ihrer Unabhängigkeit – und vor immensen Herausforderungen. Der Wegfall der Moskauer Zentralregierung bedeutete auch, dass in den neuen Staaten, von Estland im Norden bis Aserbaidschan und Turkmenistan im Süden, Staats- und Gemeinwesen mit funktionierenden Institutionen und verbindlichen Gesetzes- und Regelwerken gebildet werden mussten. Osteuropa musste sich nicht neu erfinden, aber neu formieren. Im Feld der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft etwa wurden Eigentumsverhältnisse neu definiert, mussten planwirtschaftlich-zentralistische Praktiken überwunden und marktwirtschaftliche Ansätze initiiert werden. Hilfe in Form von Wissenstransfer, Netzwerken und der Durchführung von Pilot- und Projektvorhaben kam von der IWO, die bereits seit 2001 in Osteuropa unterstützend tätig ist.
Über 20 Online-Seminare in wenigen Monaten durchgeführt
In der IWO mit Sitz in Berlin vereinen sich private und öffentliche Partner aus Deutschland – darunter auch der GdW und das EBZ – und vielen anderen Ländern. Das erklärte Ziel lautet, eine marktwirtschaftliche, nachhaltige, ökologisch und sozial verträgliche Entwicklung des Wohnungs- und Gebäudewesens in Osteuropa (auch über die EU hinaus), dem Kaukasus und in Zentralasien zu unterstützen. Der gegenwärtige IWO-Vorsitzende ist Klaus Leuchtmann, was das Engagement des EBZ erklärt. Im Rahmen des Projekts PROMHOUSE wurden schon rund 20 Online-Seminare vom Sommer bis Jahresende 2020 durch die Dozenten der verschiedenen EBZ-Einrichtungen – Akademie, Berufsschule und Business School – erfolgreich durchgeführt.
Corona-bedingt wurden zwei „Fern“-Varianten für den Wissenstransfer gewählt: Einerseits wurden Videos aufgezeichnet und übermittelt. Dabei wurde das Deutsch der EBZ-Dozenten in die Landessprachen übersetzt. Andererseits fanden die erwähnten Online-Seminare statt – mit Simultanübersetzung.
EBZ-Dozent Christian Thomas hat sehr gute Erfahrungen gemacht und ist optimistisch, was die Wirksamkeit der EBZ-Tätigkeit angeht: „Ich habe alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Maßnahmen als sehr wissbegierig und aufgeschlossen erlebt. Es war für mich schon beeindruckend, dass insbesondere die praktische Vorgehensweise in der Verwaltung und Hausmeistertätigkeit auf besonderes Interesse stießen. Die Seminarteilnehmenden wollten es wirklich wissen!“